Kognition – Repräsentation – Verkörperung: Erlebnisdimensionen und Sinnhorizonte audiovisueller Artefakte

Theorien der Verkörperung des menschlichen Bewusstseins problematisieren und modifizieren das Denken über unser Verhältnis zur Umwelt. Vor allem im internationalen philosophischen und kognitionspsychologischen Diskurs erleben die Überlegungen zur embodied cognition (vgl. Lakoff & Johnson 1980; Clark 1997; Gallagher 2005), extended oder embedded mind (Haugeland 1995; Clark & Chalmers 1998), zur multimodality of perception (vgl. Nanay 2013) und zum Enaktivismus (vlg. Varela/Thompson/Rosch 1991; Noë 2004) momentan einen nie dagewesenen Aufschwung.

Im Kontext aktueller Entwicklungen der digitalen Medientechnologien – immersive und interaktive Medien, VR-Displays, AR-Applikationen, neuartige Interfaces usw. – wird daher sowohl im theoretischen als auch im anwendungsorientierten Bereich die Rolle des Körpers bzw. des Leibes mit neuer Verve betont. Verschiedene empirische Untersuchungen in diesen Bereichen weisen darauf hin, dass innerhalb der Analyse der Prozessierung von medial vermittelten Sinnesdaten sowohl dem Leib als auch dem Mentalen eine aktive und dominante Schnittstellenfunktion zugewiesen werden muss. Diese beiden ›Systeme‹ sind es, die zwischen dem multimodalen Reizmuster der bewegten Bilder und dem Verstehen und Erleben dieser Bilder vermitteln.

Im Fokus der Tagung soll die Interaktion zwischen dem Medium und der Wahrnehmung des Bewegtbildes stehen, die über ihre Verbindung mit somatischen, neuronalen und mentalen – also verkörperten – Prozessen erfasst und analysiert werden kann. Daraus lässt sich die namensgebende Trias Kognition – Repräsentation – Verkörperung ableiten, über welche die Erlebnisdimensionen und Sinnhorizonte audiovisueller Artefakte beschreibbar werden. Damit einher gehen Fragen nach einer phänomenologischen und/oder semiotischen Analyse verkörperter Rezeptionsprozesse des Visuellen, den Zusammenhängen zwischen Theorien der Verkörperung und der Struktur bewegter Bilder wie Filmen oder Computerspielen, nach medialen affordances der dargestellten Objekte bewegter Bilder, der Relationalität externer und interner Repräsentationen, der Rolle der sensomotorischen Koppelung von Rezipient und interaktivem Bild, der Bildkompetenz künstlicher Intelligenzen, der Beteiligung des Leibes oder des Körperschemas bei der Erzeugung von und Interkation mit Bildern, der Anwendbarkeit und Reichweite von Bildakttheorien und Ansätzen der embodied simulation in Bezug auf bewegtbildliche Repräsentationen.

Donnerstag, 20.11.2014

09:45 Uhr Begrüßung und Tagungseröffnung

  • 10:00 Uhr Jin Hyun Kim (Berlin): Embodiment in der digitalen Medienkultur
  • 11:00 Uhr Joerg Fingerhut (Stuttgart): Integration und Widerstand. Die Rolle von Bildtechnologien und Bildern in der Wahrnehmung aus Sicht der Philosophie der Verkörperung

12:00 Uhr Mittagspause

  • 13:00 Uhr Michael Kimmel (Wien): „Inter-enaktive“ Microskills: Wahrnehmen, Handeln, Habitus und stützende Inferenzen bei Interaktionsexperten.
  • 14:00 Uhr Martina Sauer (Basel): Abstrakt. Affektiv. Multimodal. Zu den Grundlagen der Interaktion zwischen Medium und Wahrnehmung von Bewegtbildern aus Sicht der Verkörperungstheorien von Cassirer, Langer und Krois

15:00 Uhr Kaffeepause

  • 15:30 Uhr Lars C. Grabbe & Patrick Rupert-Kruse (Münster/Kiel): Media Embodiment: Die technologische Basis der Verkörperung digitaler Bilder
  • 16:30 Uhr Besuch des Labors für immersive Medien des Fachbereichs Medien der Fachhochschule Kiel

Freitag, 21.11.2014

  • 10:00 Uhr Katrin Heimann (Parma): Not just Film! – Towards a Neuroaesthetics of Film? Neuronale Korrelate verschiedener Produktionstechniken im Bewegtbild (Film) und ihre Bedeutung in einer kunst-/medienwissenschaftlichen Diskussion
  • 11:00 Uhr Jacobus Bracker (Hamburg): Fragmentierte Körper und Bedeutungen: das Problem der intermedialen Referenz

12:00 Uhr Mittagspause

  • 13:00 Uhr Jihae Chung (Bremen): Parallaxe der Wahrnehmung und Subjektivierungsformen in INCEPTION (2010)
  • 14:00 Uhr Matthias Schulz (Berlin): Ikonografien des Bewusstseins und Architekturen der Kognition im zeitgenössischen Science-Fiction-Kino

15:00 Uhr Kaffeepause

  • 15:30 Uhr Jeanine Reutemann (Passau): Sinnverlust von Körperrhythmus, Geste und Wort. Asynchrone Bild-Ton Versatze beim sichtbaren Sprecher im audiovisuellen Bewegtbild

16:30 Uhr Verabschiedung und Schluss

Die Tagung wird von der Research Group Moving Image Science Kiel organisiert. Sie findet im Senatssaal, Sokratesplatz 2, auf dem Campus der Fachhochschule Kiel statt. Die Teilnahme an der Tagung ist kostenlos. Eine Anmeldung via Email ist wünschenswert. Ein Lageplan und aktuelle Informationen sind unter www.bewegtbildwissenschaft.de zu finden.