Ort und Ortsbezug in der Architektur (Munich, 20-22 Nov 2014)
Architecture differs from all other cultural artefacts by a quality which is immanent only to it: it is local, belonging to a place. Architecture responds to the found or creates, by (re)acting specifically there, a place to which it is irreversibly bound. We are not talking about the regional, historic lore or traditionalism, not about styles or architectural languages. It is all about the relationship to a specific place from which architecture derives part of its qualities. This site-specificity is also - and especially so in times of hyper-mobility - characteristic for works of architecture.
Place and site-response, the significance of the physical context in architecture, have been investigated in some depth since the 1960s as part of the critical assessment of the universalism of the avant-gardes. However, there has not been systematic historical compilation and theoretical treatment of topos and site-response in architecture until now, even though its counterpart, typus, has been dealt with intensively in the 1970s and 80s. The rapid globalization of the Lebenswelt over the last decades was accompanied by a shift of interest to the spatial and local aspects of human existence. We witnessed even a spatial turn in the humanities. Therefore a fundamental treatment of place and site-response in architecture is overdue. For this task the symposium shall deliver historical and theoretical foundations. Contextual design practices will be examined in built structures and individual positions of the architects, as will their theoretical reflection. Since the latter can not be expected to a considerable extent before the Renaissance, the research will concentrate on modern history.
Von allen anderen kulturellen Artefakten unterscheidet sich die Architektur durch eine Eigenschaft, die nur ihr immanent ist: Sie ist lokal, einem Ort zugehörig. Sie antwortet auf das Vorgefundene oder schafft, indem sie spezifisch dort (re)agiert, einen Ort, mit dem sie unlösbar verbunden ist. Wir reden nicht vom Regionalen, vom historisch Überlieferten, vom Traditionellen, von Stilen und Architektursprachen. Es geht um die Beziehungen zum konkreten Ort, aus dem heraus die Architektur einen Teil ihrer Eigenschaften bezieht. Diese Ortsbindung ist auch und gerade in Zeiten der Hypermobilität kennzeichnend für Werke der Architektur.
Ort und Ortsbezug, die Rolle des physischen Kontextes in der Architektur, wurden im Zusammenhang mit der Kritik an den Ergebnissen der architektonischen und städtebaulichen Moderne seit den 1960er Jahren intensiver reflektiert. Zu einer systematischen architekturgeschichtlichen Erfassung und theoretischen Aufarbeitung des Topos und des Ortsbezugs ist es aber nicht gekommen, obwohl sein Gegenpart, der Typus, in den 1970er und 80er Jahren wissenschaftlich umfassend erörtert wurde. Mit der fortschreitenden Globalisierung der Lebenswelten in den letzten Jahrzehnten, der damit verbundenen erneuten Hinwendung zu den räumlich-lokalen Aspekten der menschlichen Existenz und nach dem spatial turn in den Geisteswissenschaften, steht eine grundlegende Behandlung des Ortsbezugs in der Architektur an. Das Symposium soll hierzu historische und theoretische Grundlagen erarbeiten. Untersucht werden kontextuelle Entwurfspraktiken anhand von konkreten Bauten, Projekten oder individuellen Positionen der Architekten, als auch deren theoretische Reflexionen. Da die letzteren im nennenswerten Umfang erst für die Renaissance bezeugt sind, beschränkt sich der Untersuchungszeitraum auf die Neuzeit.
Donnerstag 20.11.2014
13.00 Registrierung
Sektion 1 - Theorie & Positionen der Gegenwart, Öffentliche Vorträge
14.00- Prof. Dr. Tomáš Valena, Hochschule München - Ort der Architektur und das Phänomen der Beziehung
- Prof. Dr. Stephan Günzel, BTK Hochschule für Gestaltung - Ortsbezug nach der Wende zum Raum
- Prof. Dr. Ute Poerschke, The Pennsylvania State University - "People live at places. Power rules through flows." Manuel Castells' remarks on places in the information age
Moderation: Prof. Dr. Jörg Stabenow, Bauhaus-Universität Weimar
16.15 Kaffeepause
16.45
- Josef Pleskot, Prag - Ostrava heute. Neue Identität einer Industriestadt aus dem Ort und seiner Geschichte
- Peter Brückner, Tirschenreuth - Lebensorte für Menschen und das Bauen von Erinnerung
- Prof. Gion Caminada, ETH Zürich - Nähe gewinnen – Orte begreifen
Diskussion mit den Referenten
Moderation: Prof. Dr. Tomáš Valena, Hochschule München
Freitag 21.11.2014
8.30 Registrierung
Sektion 2 - Place-making und Kontextualismus in der Nachkriegszeit
9.00
- Prof. Michael Gaenßler, Hochschule München - Hans Döllgast – Schöpferischer Wiederaufbau Münchner Kriegsruinen
- Simone Bogner, Bauhaus-Universität Weimar - Ortsbezug als Thema auf den Nachkriegskongressen der CIAM
- Dr. Daniela Konrad, TU Berlin - Eine Architektur der Alltagsorte. Der mehrdimensionale Ortsbezug im Werk von Robert Venturi und Denise Scott Brown
10.30 Kaffeepause
11.00
- Dr. Alexander Pellnitz, TU Dortmund - Preesistenze ambientali und locus. Ernesto Nathan Rogers und Aldo Rossi
- Ondřej Hojda, Karlova Universita Prag - Christian Norberg-Schulz, the Place and its Fabric
- Dr.-Ing. Tom Steinert, TU Berlin, - Cannaregio 1978, Beiträge Peter Eisenman und Bernhard Hoesli. Der Umgang mit dem Ort bei zwei „Schülern“ Colin Rowes
Diskussion mit den Referenten
Moderation: Prof. Dr. Silke Langenberg, Hochschule München
13.00 Mittagessen
Sektion 3 - Einfühlung in den Ort & die Moderne
14.00
- Prof. Dr. Ákos Moravánszky, ETH Zürich - The optical construction of urban space. From Helmholtz to Townscape
- Prof. Dr. Michael Mönninger, Hochschule für Bildende Künste Braunschweig - Einfühlung und Gestaltung. Camillo Sitte und die künstlerischen Raumtheorien im 19. Jahrhundert
- Prof. Ph.Dr. Jindřich Vybíral, Vysoká škola uměleckoprůmyslová v Praze Friedrich Ohmann. Die Uniformität der modernen Welt versus Genius loci
- Dr.-Ing. Kai Krauskopf, Technische Universität Dresden -Heinz Wetzel. Von der schwäbischen Heimat zur Raumordnung
16.00 Kaffeepause
16.30
- Prof. Dr. Tomáš Valena, Hochschule München - Plečnik vor Ort in den südlichen Gärten der Prager Burg
- Prof. Dr. Klaus Tragbar, Universität Innsbruck - Giovannoni und die Folgen. Ortsbezüge in der italienischen Architektur der Zwischenkriegszeit
- Prof. Dr. Jan Pieper, RWTH Aachen -Die Villa Noailles von Rob Mallet-Stevens und der gelenkte Blick. Verankerungen eines Bauwerkes der Klassischen Moderne in der Landschaft
Diskussion mit den Referenten
Moderation: Prof. Dr. Ákos Moravánszky, ETH Zürich
Samstag 22.11.2014
8.30 Registrierung
Sektion 4 - Aufklärung und Wiederkehr des Genius loci
9.00
- Thomas Thränert, Berlin - Finden und Formen. Der Ortsbezug als Gestaltungsansatz verschönerter Landschaften um 1800
- Mascha Bisping, Hochschule Luzern - Zufällige Schönheit, Ensemble und Gruppierung. Zwischen Ortsbezug und Herstellung von Orten
- Emma Jones, Universität Zürich - The art of siting. The picturesque and the picture in the work of Karl Friedrich Schinkel
10.30 Kaffeepause
11.00
Dr. Tabea Schindler, Universität Bern - Das Thorvaldsen Museum und der Genius loci
Dr. Michael Gnehm, ETH Zürich - Zwischen Idealität und Realismus. Gottfried Semper in London und Zürich
Diskussion mit den Referenten
Moderation: Dr. Michael Gnehm, ETH Zürich
12.30 Mittagessen
Sektion 5 - Balanceakt der Renaissance und kontextueller Manierismus
13.30
- Prof. Dr. Gerd Blum, Kunstakademie Münster - Ortsbezug von Architektur
- Prof. Gerrit Smienk, Visé, B - Palladio and the capture of the cultural landscape
- Prof. Dr. Jörg Stabenow, Bauhaus-Universität Weimar - Kunst der Einbindung. Gian Lorenzo Bernini als Pionier kontextuellen Entwerfens
- Dr. Jorge Fernández-Santos Ortiz-Iribas, Madrid - Site-Responsive Obliquity and the Theatrum Urbis. Caramuel’s Attempt to Redefine the Urban Space
15.30 Kaffeepause
16.00
- Dr. Julia Fischer, Universität Freiburg - Die Bedeutung des Ortsbezugs beim herrschaftlichen Profanbau des 17. und 18. Jahrhunderts im Spiegel der architekturtheoretischen Schriften
- Dr.des. Thomas Wilke, Universität Bamberg - Die Symmetrie der Asymmetrie. Französische Architekturentwürfe für den Profanbau auf unregelmäßigen Parzellen
Diskussion mit den Referenten
Moderation: Prof. Dr. Gerd Blum, Kunstakademie Münster
17.30 Zusammenfassung der Ergebnisse des Symposiums