Macht ist unerlässlich für die Realisierung grosser Pläne. Entsprechend unbekümmert suchten manche Architekten deren Nähe. Gilt das auch noch für Le Corbusier als Städteplaner von Chandigarh?

Die «Offene Hand» war, wie man weiss, als eine Art Logo der 1950 gegründeten indischen Stadt Chandigarh gedacht gewesen und sollte dort auch als Monument aufgestellt werden. Es liegt also nahe, in dem Zeichen mehr als nur einen riesenhaften Baseball-Handschuh, eine Art Pokal, oder den Fetisch einer Architekten-Sekte zu erkennen. Sie war auch so etwas wie das Wahlversprechen seitens der Regierung, die Gaben des Fortschritts im Sinne des modernen Sozialstaats an das Volk weiterzugeben. So zumindest wollte es der Architekt von seinem Bauherrn verstanden wissen – obzwar Aussprüche wie «pleine main j'ai reçu, pleine main je donne» deutlich machen, dass es bei dem Motiv, so, wie es inzwischen auf Buchdeckeln, Ausstellungskatalogen, sogar Münzen erscheint, am Ende dann doch vor allem um die Signatur des Architekten geht, also um Selbstinszenierung im mythopoetischen Irgendwo zwischen Rudolf Steiner und Joseph Beuys. Man muss nicht lange raten, wer das Samenkorn gelegt haben könnte – es war Nietzsche: «Ich möchte verschenken und austeilen, bis die Weisen unter den Menschen wieder einmal ihrer Torheit und die Armen wieder einmal ihres Reichtums froh geworden sind.» Und ausserdem: «Was sprach ich von Liebe! Ich bringe den Menschen ein Geschenk.» Die Passagen sind in Le Corbusiers zerlesenem Exemplar von «Ainsi parla Zarathustra» ausdrücklich markiert.