Die 1851 in London erstmals ausgerichtete „Great Exhibition of all Nations“ synthetisierte nicht nur ‚die Welt‘, sondern verknüpfte als „Gesamtkunstwerk“ Kunsthandwerk und Architektur, Technik und Kunst. Seit ihren Anfängen finden sich die Weltausstellungen zwischen Industrie und Kultur, Kunst und Wissenschaft verankert. Technische Neuerungen werden dabei zur Profilierung genutzt, gilt es doch, den jeweiligen Gastgeber als fortschrittliche Industrienation in den Fokus zu rücken.

Mit der Eisenbahn en miniature, die Gäste 1911 in London-Sydenham transportierte, oder dem trottoir roulant, dem „rollenden Fußweg“ in Paris 1900, konnte die Welt als Ganzes erfahrbar gemacht werden. Die en passant zu erblickenden Objekte wurden dabei Teil eines Massenspektakels. Allein im Verbund zu Bedeutungsträgern erhoben, erzählen so Artefakte und Maschinen eine andere Geschichte des Gesamtkunstwerks – wird doch durch die didaktische, ja enzyklopädische Ansammlung von Dingen und Objekten ein vermeintlich einheitliches Wissen von der Welt gestiftet. Diese so stimmig erscheinende Narration von technischem Fortschritt, kolonialer Expansion und künstlerischen Neuerfindungen gilt es zu hinterfragen.

Während die historischen Weltausstellungen Publikumsmagneten waren und weltweite Beachtung fanden, büßte das Konzept der Welt-als-Schau im postindustriell geprägten 20. Jahrhundert seine Bedeutung ein. Nur unter veränderten Vorzeichen wird heute an dem (kolonialen) Fortschrittsgedanken der historischen Weltausstellungen angeknüpft. Seit dem Beginn des neuen Jahrtausends erweitert sich die Geographie der Austragungsorte der „Expo“; so reist sie auch nach China, Südkorea, Japan, Dubai oder Kasachstan.

Die Tagung 'Gesamtkunstwerk Weltausstellung' soll einen Bogen spannen von den historischen zu aktuellen Weltausstellungen und diese auf ihre jeweiligen Implikationen, Konstruktionen, Repräsentationen und die Rolle der Objekte befragen sowie den universalen Anspruch von Weltausstellungen, der auch im Gedanken des Gesamtkunstwerks zum Ausdruck kommt, kritisch beleuchten. Die Reflexion des Verhältnisses von Künsten, Kunsthandwerk, Architektur und Technik vor dieser Folie bildet ein Desiderat, das im Rahmen der Tagung unter Berücksichtigung der genannten Schwerpunkte aufgearbeitet werden soll.

Organisation der Tagung: 
Dr. Buket Altinoba, Prof. Dr. Oliver Jehle,
Prof. Dr. Alexandra Karentzos und Dr. Miriam Oesterreich.

Programm:

Freitag, 27.04.2018

15:00 – 15:30
Begrüßung & Einführung
Oliver Jehle (Karlsruher Institut für Technologie KIT),
Buket Altinoba (Karlsruher Institut für Technologie KIT),
Alexandra Karentzos (Technische Universität Darmstadt),
Miriam Oesterreich (Technische Universität Darmstadt)

Sektion I:
Gesamtkunstwerk: Assemblage der Dinge

15:30 – 15:45
Einleitung in die Sektion

15:45 – 16:30
Stefanie Patruno (Mathildenhöhe Darmstadt)
„Raumkunst – Made in Darmstadt“. Die Darmstädter
Künstlerkolonie auf internationalen Ausstellungen

16:30 – 17:15
Anna Frasca-Rath (Universität Wien)
Vom Denken in Schulen. Skulptur bei den Londoner
Weltausstellungen von 1851 und 1862

17:15 – 18:00
Elke Krasny (Akademie der Bildenden Künste Wien)
Verborgene Arbeit. Die Wiener Weltausstellung und die
„Frauenarbeit”

18:00 – 19:00 Kaffeepause

19:00 Keynote
Beat Wyss (Berlin)
Plus Ultra: Die Weltausstellung. Eine eurozentrische Bilanz

20:00 Welcome Dinner

Samstag, 28.04.2018

Sektion II:
Technologie und Kunst

9:30 – 10:00
Begrüßung und Einleitung in die Sektion

10:00 – 10:45
Tanja Paulitz (Technische Universität Darmstadt)
Rationalität und Fortschritt vs. schöpferische Naturbegabung
Männlichkeitskonstruktionen der Technik um 1900

10:45 – 11.15 Kaffeepause

11:15 – 12:00
Robin Rehm (Universität Regensburg)
„Babylonischer Impuls“.
Gottfried Semper und die Kunstindustrie

12:00 – 12:45
Regine Prange (Universität Frankfurt)
Das Parlament der Dinge. Zur Kristallpalast-Sequenz in
Alexander Kluges Film ‚Die Macht der Gefühle‘ (1984)

12:45 – 14:00 Mittagspause

Sektion III:
Koloniale Verflechtungen

14:00 – 14:15
Einleitung in die Sektion

14:15 – 15:00
Melanie Ulz (Universität Osnabrück)
Kolonialismus ausstellen. Kunst, Artefakte und
Warenästhetik um 1900

15:00 – 15:45
Bärbel Küster (Universität Zürich)
Visuelle Künste des afrikanischen Kontinents auf
Kolonial- und Weltausstellungen, 1958–70

15:45 – 16:15 Kaffeepause

16:15 – 17:00
Alexa Färber (HafenCity Universität Hamburg)
Nationale Selbstbilder auf postkolonialen Weltausstellungen: Zur zwanghaften Freiheit der Repräsentation

17:00 – 18:00
Abschlussdiskussion
Buket Altinoba (KIT Karlsruhe), Oliver Jehle (KIT Karlsruhe), Alexandra Karentzos (TU Darmstadt), Miriam Oesterreich (TU Darmstadt)

18:00 Keynote
Sarah J. Moore (University of Arizona):
Embodying Empire: Gender and World’s Fairs at the Turn-of-the-Twentieth Century (Vortrag in englischer Sprache)

Die Teilnahme ist kostenlos. 
Um Anmeldung wird gebeten. Bitte nutzen Sie das Online-Anmeldeformular auf der Webseite der KIT-Fakultät für Architektur:
http://www.arch.kit.edu/aktuelles/weltausstellung.php

Eine Kooperation von
Institut Kunst- und Baugeschichte,
KIT – Karlsruher Institut für Technologie
Englerstrasse 7
http://kg.ikb.kit.edu
und
Arbeitsbereich Mode & Ästhetik,
Technische Universität Darmstadt
http://www.mode.tu-darmstadt.de/

Veranstaltungsort
KIT-Fakultät für Architektur
Gebäude 20.40
Englerstraße 7
76131 Karlsruhe
http://arch.kit.edu

Anfahrt
Per S-Bahn: S1, S11, S2, S5, S51, S52
Per Straßenbahn: 2, 4, 5
Haltestelle: Kronenplatz