Die Schweizer Moderne gilt allgemein als moderat, als austarierte Verbindung zwischen traditionellen und progressiven Standpunkten. Im eidgenössischen Diskurs wurde die eigene Positionierung oft durch Abgrenzung gegen eine radikale Avantgarde fixiert, die vor allem im politisch zerrissenen Nachbarland am Bauhaus verortet wurde. Die Rezeption der deutschen Reformkunstschule spaltete die Zunft der Kritiker und führte zu einer eigenen Schweizer Bauhaus-Kontroverse. Dass an der Weimarer und Dessauer Institution bisweilen Schweizer Kollegen den fortschrittlichen Ton angaben, wird dabei oft übersehen. Die scharfe Polarisierung löst sich bei näherer Betrachtung schnell in den mannigfachen Verästelungen transnationaler und interkultureller Netzwerke auf.

Die Tagung möchte die jeweiligen Projektionen und Spiegelungen der bilateralen Wahrnehmung sowie die interdisziplinären Verflechtungsdynamiken und Austauschprozesse diskutieren. Dabei werden die repräsentativen Disziplinen gestalterischen Schaffens herangezogen: Architektur, Malerei und Bildhauerei, Kunstgewerbe, Produktdesign, darstellende Kunst, Grafik und Typografie. Innerhalb der einzelnen Kategorien eröffnen sich jeweils unterschiedliche Perspektiven auf formale und technische, intellektuelle und künstlerische Aspekte.

Die Tagung steht allen Interessierten offen. Die Ergebnisse der Tagung werden 2019 in Buchform erscheinen.

Organisation: Gregory Grämiger, Ita Heinze-Greenberg, Lothar Schmitt
Titularprofessur für Architekturgeschichte der Moderne, Institut für Geschichte und Theorie der Architektur (gta), ETH Zürich

PROGRAMM

Donnerstag, 22.11.2018

17:30–18:00 Uhr
Begrüssungen

18:00–19:00 Uhr
Abendvortrag
Annemarie Jaeggi: «Bauhaus heute: Relevanz und Kommerzialisierung»

Freitag, 23.11.2018

09:00–09:30
Begrüssung und Einführung in die Tagung

Session 1: Rezeption und Aneignung
Moderation: Britta Hentschel

09:30–10:00 Uhr
Ute Poerschke: «Funktionsverständnisse der Moderne»

10:00–10:30 Uhr
Bruno Maurer: «Sigfried Giedion und das Bauhaus»

10:30–11:00 Uhr
Matthias Noell: «‹Skelett eines neuen Lebens› – Vermittlungskonzepte der section allemande in Paris 1930 und ihre Kommunikation in die Schweiz»

11:00–11:30 Uhr
Claude Lichtenstein: «Bauhaus Dessau 1926 – Kunstgewerbeschule Zürich 1933: Blick auf und hinter die Architekturen»

11:30–12:30 Uhr
Round Table

12:30–14:00 Uhr
Mittagspause

Session 2: Basel – Dessau – Moskau
Moderation: Gregory Grämiger

14:00–14:30 Uhr
Urs B. Roth: «‹ABC Beiträge zum Bauen› vs. Bauhaus»

14:30–15:00 Uhr
Sibylle Hoiman: «Hannes Meyer und das Bauhaus – Versuch einer kritischen Rezeptionsgeschichte»

15:00–15:30 Uhr
Tatiana Efrussi: «‹luxusbedarf statt volksbedarf›? Hannes Meyer, Hans Schmidt and the problem of the Soviet apartment»

15:30–16:30 Uhr
Round Table

16:30–17:00 Uhr
Kaffeepause

17:00–18:30 Uhr
Das Neue Bauen aus filmischen Perspektiven betrachtet
Präsentation und Diskussion von zeitgenössischem Filmmaterial zur Thematik
Gäste: Andres Janser und Erich Schmid, Moderation: Jacqueline Maurer


Samstag, 24.11.2018

Session 3: Form und Gestaltung
Moderation: Lothar Schmitt

09:00–09:30 Uhr
Christoph Wagner: «Schweizer Wurzeln am Bauhaus? Johannes Itten und Paul Klee»

09:30–10:00 Uhr
Arthur Rüegg: «Vom Coop-Interieur zum ‹wohnbedarf›»

10:00–10:30 Uhr
Patrick Rössler: «Brüder im Geiste – Bauhaus-Typografie und Schweizer Grafik – Herbert Bayer und Herbert Matter»

10:30–11:00 Uhr
Stanislaus von Moos: «Bauhaus Reloaded: Asger Jorn vs. Max Bill»

11:00–12:00 Uhr
Round Table

12:00–13:30 Uhr
Mittagspause

Session 4: Transferprozesse und Netzwerke
Moderation: Niklas Naehrig

13:30–14:00 Uhr
Gregory Grämiger: «Konrad von Meyenburg, Hannes Meyer und die Basler Siedlungsreformbewegung»

14:00–14:30 Uhr
Lothar Schmitt: «Xanti Schawinsky und das Abschiedsfest des Weimarer Bauhauses»

14:30–15:00 Uhr
Dieter Schnell: «Zur Rezeption des Bauhauses in der Schweiz in den 1920er Jahren»

15:00–15:30 Uhr
Ita Heinze-Greenberg: «Bauhäusler in der Emigration. Die Schweiz als Zwischenstation, Exil und Heimat»

15:30–16:30 Uhr
Round Table

16:30–17:00 Uhr
Kaffeepause

17:00–18:00 Uhr
Führung durch Gebäude und Sammlung
Arthur Rüegg und Ruggero Tropeano